Verband Schweizerischer Kantonalbanken
4. September 2023
Standpunkt

Differenzierte Regulierung für Vielfalt und Wettbewerb

Letztes Update:  4. September 2023

Der Schweizer Finanzplatz zeichnet sich durch eine Vielfalt an Finanzinstituten mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen aus – von der kleinen Regionalbank bis zur systemrelevanten, international tätigen Grossbank. Diese Vielfalt schafft einen funktionierenden Wettbewerb und macht das Finanzsystem insgesamt robust gegen Krisen. Damit das so bleibt, braucht es differenzierte Regulierung.

«Gleiches gleich, Ungleiches ungleich»

Die Finanzmarktregulierung muss den Besonderheiten und Risiken der verschiedenen Geschäftsmodelle bzw. Produkte und Dienstleistungen auf dem Finanzmarkt angemessen Rechnung tragen. «Gleiches soll gleich, Ungleiches ungleich reguliert werden». Einfache, risikoarme Geschäftsmodelle brauchen nicht dieselbe Regeln wie komplexe, risikoreiche. Nur eine differenzierte Regulierung ist verhältnismässig, kostengünstig und wettbewerbsneutral.

Verhältnismässigkeit und Gleichbehandlung

Die Schweizer Bundesverfassung sieht die beiden Grundsätze der Verhältnismässigkeit und der Gleichbehandlung vor. Für eine sachgerechte Regulierung muss daher die Maxime gelten: «Gleiches soll gleich, Ungleiches soll ungleich reguliert werden». Der Gesetzgeber muss den Besonderheiten und Risiken einzelner Geschäftstätigkeiten und Branchen jeweils angemessen Rechnung tragen. Im Rahmen der Finanzmarktregulierung bedeutet dies, dass komplexe Geschäftsmodelle und Produkte bzw. Dienstleistungen mit hohen Risiken für die Systemstabilität oder die Anlegerinnnen und Anleger strenger reguliert werden sollen als einfache, risikoarme. Es ist für den Finanzplatz Schweiz zentral, dass dieser Grundsatz bei allen aktuellen und künftigen Finanzmarktregulierungen konsequent umgesetzt wird.

«One size fits all» geht zulasten von Vielfalt und Stabilität 

Eine undifferenzierte Finanzmarktregulierung nach dem Motto «one size fits all» trifft kleine und mittlere, inlandorientierte Banken überproportional. Diese können Kosten aufgrund ihrer Grösse und Marktorientierung weniger gut skalieren oder durch Expansion in ausländische Märkte kompensieren. Die Folgen sind Benachteiligungen einzelnen Marktteilnehmer, Wettbewerbsverzerrungen und die Gefahr einer unerwünschten Strukturpolitik. Dies geht zulasten der Vielfalt, des Wettbewerbs und der Stabilität des Finanzplatzes Schweiz.

Regulierung nur bei konkretem Bedarf

Ursache für undifferenzierte Regulierung ist oft die unreflektierte Übernahme internationaler Regelungen, die vorab auf globale Finanzmärkte und international tätige Finanzakteure zugeschnitten ist – und nicht zu nationalen und regionalen Marktverhältnissen bzw. Anbieter passen. Es ist unbestritten, dass international festgelegte Standards in der Finanzmarktregulierung für die globale Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes und dessen Reputation wichtig sind und übernommen werden müssen. Ebenso wichtig ist jedoch, dass bei der nationalen Umsetzung eine angemessene Analyse des konkreten Regulierungsbedarfs in der Schweiz erfolgt, die vorhandenen Spielräume genutzt werden und differenziert reguliert wird.

Differenzierung nach Risikoexposition und Komplexität

Je nach Ziel der Finanzmarktregulierung unterscheidet sich das Prinzip der Differenzierung. Beim Systemschutz richtet sich die Differenzierung nach dem Risiko eines Finanzinstituts für die Stabilität und das Funktionieren des Finanzsystems. Es gilt der Grundsatz: Je grösser, komplexer und risikoorientierter ein Finanzinstitut ist, desto relevanter wird es für die Stabilität des Finanzplatzes. Entsprechend steigen die regulatorischen und aufsichtsrechtlichen Anforderungen. Beim Anlegerschutz dagegen geht es primär um die Komplexität eines Finanzprodukts oder einer Finanzdienstleistung und die daraus entstehenden Risiken für einen bestimmten Kunden. Komplexe Finanzprodukte und -dienstleistungen sollen strenger reguliert werden als einfache. Zudem ist eine Differenzierung entlang von definierten Kundengruppen sinnvoll. Professionelle Kunden wie beispielsweise institutionelle Anleger verfügen über umfassendes Knowhow über die Finanzmärkte Für Kleinanlegerinnen und Kleinanleger müssten dagegen tiefergehende Schutz- und Informationsbestimmungen gelten.

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