Verband Schweizerischer Kantonalbanken
27. November 2024
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«Die Kantonalbanken stehen den KMU in ihren Kantonen sehr nahe»

Letztes Update:  27. November 2024

Jüngst ist das Verhältnis zwischen Finanz- und Werkplatz Schweiz wieder stärker in die öffentliche Wahrnehmung gerückt. Jürg Bühlmann, Leiter Firmenkunden bei der Zürcher Kantonalbank, erklärt welche Rolle und Verantwortung die Kantonalbanken für den Schweizer Werkplatz und insbesondere die Schweizer KMU übernehmen.

Fokus
Jürg Bühlmann

Dr. Jürg Bühlmann

Leiter Firmenkunden, Zürcher Kantonalbank

Mit der Übernahme der CS durch die UBS hat der Bankenplatz Schweiz massive Umwälzungen erfahren. Wie war und ist die Realwirtschaft davon betroffen?

Ich würde nicht von massiven Umwälzungen sprechen. Die CS galt als Unternehmerbank und deshalb ist es klar, dass durch die Übernahme Fragen und Sorgen in der Wirtschaft auftauchen. Der grösste Teil der Schweizer Wirtschaft, die über 600'000 KMU, muss sich keine Sorgen machen. Der Markt für KMU wird von den Kantonalbanken, Raiffeisen- und Regionalbanken sowie der UBS geprägt. Der Markt ist gut aufgeteilt und die neue Grossbank ist ein Player von vielen. Kundinnen und Kunden, die wechseln wollen, haben zahlreiche Schweizer Alternativen. Der Wettbewerb funktioniert.

Also hat die CS-Krise primär Auswirkungen auf Grossfirmen?

Weniger auf die global aufgestellten Grossfirmen, die international in mehreren Ländern tätig sind. Diese haben meistens zahlreiche Bankbeziehungen zu Schweizer und zu ausländischen Banken. Sie finanzieren sich primär über den globalen Kredit- und Kapitalmarkt. Dadurch haben sie viele Alternativen. Weitere Bankdienstleistungen wie Investmentbanking, Trade Finance und Cash Management werden ebenfalls national und international eingekauft. Eine wesentliche Schweizer Option fällt für sie zwar weg, insgesamt hat die CS-Übernahme für diese global tätigen Grossfirmen aber nur geringe Auswirkungen.

Etwas anders sieht die Situation für national aufgestellte Grossfirmen aus. Speziell für Firmen, die sich primär am Schweizer Markt finanzieren, ist die Marktsituation anspruchsvoller geworden. Sie sind für ausländische Finanzmärkte zu klein oder auf diesen zu wenig bekannt. Dazu zählen die meisten der grössten 500 Unternehmen der Schweiz, die nicht Teil des SMI sind. Die Übernahme der CS durch die UBS kann bei Firmen, die bei beiden Banken Kreditengagement haben, zu einer verstärkten Abhängigkeit führen. Wollen diese Firmen ihr bisheriges Kreditengagement reduzieren, kann dieses nur zum Teil durch andere Schweizer Banken aufgefangen werden.

Die Kantonalbanken tragen gemäss ihren Leistungsaufträgen wesentlich zur Entwicklung der regionalen Wirtschaftsstandorte bei. Wo zeigt sich dies gegenüber den kleinen und mittleren Unternehmen im Kanton?

Richtig, die Kantonalbanken stehen den KMU in ihren Kantonen sehr nahe. Wir bei der Zürcher Kantonalbank zum Beispiel pflegen zu jedem zweiten KMU im Kanton eine Beziehung, übrigens auch zu jedem zweiten Landwirtschaftsbetrieb. Wir sind an den grossen Gewerbemessen präsent und in zahlreichen regionalen Gewerbeverbänden aktiv. Auch schweizweit sind die Kantonalbanken Marktführerinnen im KMU-Geschäft. Für ein Drittel der kleinen und mittleren Unternehmen der Schweiz ist eine Kantonalbank die Hauptbank. Die Kantonalbanken sind auch die grössten Kreditgeberinnen der KMU mit einem Anteil am Kreditvolumen von rund 45% und Krediten in der Höhe von über 170 Milliarden.

Im Nachgang der CS-Krise wurden rasch neue und stärkere Regulierungen für den Finanzplatz gefordert. Was könnten die Auswirkungen davon auf die Bankdienstleistungen für KMU sein?

Im Nachgang der CS-Übernahme sind tatsächlich viele kritische politische Forderungen für die Bankenregulierung aufgetaucht und diskutiert worden. Der Bundesrat hat mit seinem Bericht zur Bankenstabilität nun etwas Klarheit geschaffen. Stark einschneidende Massnahmen wie ein Trennbankensystem oder die pauschale Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen will er nicht weiterverfolgen, was wir sehr begrüssen. Beides hätte grosse Auswirkungen auf Bankbeziehungen mit KMU haben können. Wenn die Kantonalbanken aufgrund höherer Eigenkapitalanforderungen und fehlender Alternativen zur Kapitalbeschaffung ihre Kreditvolumen reduzieren müssten, kann dies Kredite für KMU verteuern bzw. verknappen. Ein strenges Trennbankensystem wiederum hätte Dienstleistungen wie Start-Up-Finanzierungen, Börsengänge, Anleihen-Emissionen und Risikoabsicherung durch Kantonalbanken stark eingeschränkt oder gar verunmöglicht.

Grundsätzlich ist für die Kantonalbanken zentral, dass neue Regulierungen nur relevante regulatorische Lücken schliessen und deutlich zwischen den global systemrelevanten, den national systemrelevanten und den restlichen Banken differenzieren. Dies auch im Sinne des Schweizer Werkplatzes.