«Massnahmen müssen risikoorientiert und differenziert umgesetzt werden»
Der Bericht des Bundesrates zur Bankenstabilität hat für viel Diskussionsstoff gesorgt. Im Sessionsradar nimmt Hanspeter Hess, Direktor des Verbands Schweizerischer Kantonalbanken, Stellung und erklärt, wie und wo angesetzt werden soll.
Im FokusHanspeter Hess
Direktor
Verband Schweizerischer Kantonalbanken
Der Bericht des Bundesrates zur Bankenstabilität listet 29 mögliche Massnahmen auf, mit welchen die Resilienz systemrelevanter Banken erhöht werden soll. Was sagen Sie zum Bericht?
Die Ereignisse rund um die CS waren eine Zäsur für den Schweizer Bankenplatz. Es ist gut und wichtig, dass die Analyse und Aufarbeitung voranschreiten. Der Bericht ist dabei ein wichtiges Element. Dieser sollte sich aber auf seinen ursprünglichen Auftrag fokussieren und Lösungen für das – offensichtlich auch nach vielen Jahren des Regulierens noch bestehende – «Too-Big-To-Fail»-Problem skizzieren. Mich überrascht daher, dass über die Hälfte der Massnahmen die Geltung für alle Banken prüft. Die Bankenbranche ist jetzt schon stark reguliert: Es braucht punktuelle, zielgerichtete Massnahmen, die auch tatsächlich nur die in der CS-Krise identifizierten Probleme angehen.
Welche Massnahmen wären das?
Für die Kantonalbanken ist in erster Linie wichtig, dass jegliche Massnahmen risikoorientiert und differenziert nach Grösse des Instituts umgesetzt werden. Dabei braucht es eine klare Unterscheidung zwischen den international systemrelevanten (G-SIB), den national systemrelevanten (D-SIB) und den restlichen, kleinen und mittleren Banken der Schweiz. Es kann nicht sein, dass aufgrund von bei der CS-Krise identifizierten Problemen die Regulierung beispielsweise bei der Appenzeller Kantonalbank verschärft wird. Selbst wenn diese von einem Aspekt auch betroffen sein könnte, gilt es den «Problembeitrag» eines Instituts und somit auch den Lösungsbeitrag zu einem erkannten Problem im Auge zu behalten.
Als Beispiel kann hier das vom Bundesrat vorgeschlagene Verantwortlichkeitsregime (im Bericht: Massnahme 2) erwähnt werden. Bei einer Grossbank ergibt es Sinn, dass die Verantwortungsträger bezeichnet werden, um sie gegebenenfalls zur Rechenschaft zu ziehen. Bei einer kleineren Bank ist hingegen klar, wer im Institut für was verantwortlich ist. Die neuen Regeln würden bei diesen Banken nicht zu mehr Transparenz führen, sondern nur den Aufwand erhöhen. Ähnliches gilt für weitere Massnahmen, die für alle Banken gelten sollen. Hingegen erachten wir die Massnahme 28, mit dem Ziel das Potenzial der Liquiditätsversorgung durch die SNB zu verbessern, für alle Banken als zielführend. Zentral ist, dass die starren Vorgaben der SNB bei der Hinterlegung von Sicherheiten gelockert werden.
Ein hohes Mass an Vertrauen ist für jedes Bankinstitut zentral. Sind die Massnahmen geeignet, das Vertrauen in den Schweizer Finanzplatz wieder aufzubauen?
Risiken sind ein immanenter Bestandteil des Bankings. Die Kantonalbanken haben jedoch ein nachvollziehbares Geschäftsmodell und arbeiten täglich an einer verlässlichen Leistungserbringung. Dies fördert Vertrauen. Wichtig ist zu betonen, dass von den rund 230 Banken in der Schweiz nur eine Bank Probleme hatte. Die Rahmenbedingungen sind im Grundsatz so auszugestalten, dass Banken mit unterschiedlichen Geschäfts- und Eigentümermodellen erfolgreich arbeiten können. Diese Vielfalt auf dem Schweizer Bankenplatz ist ein wesentlicher Bestandteil der hohen Finanzplatzstabilität. Deshalb braucht es eine differenzierte Regulierung und einen entsprechenden Fokus der im Bericht behandelten Massnahmen.
Vertrauen bieten kann auch eine glaubwürdige Finanzmarktaufsicht. Wie stehen die Kantonalbanken zu den Vorschlägen zur Stärkung der FINMA?
Grundsätzlich verfügt die FINMA bereits heute über starke Instrumente, die sie auch nach eigenem Ermessen anwenden kann. Die Kantonalbanken anerkennen jedoch, dass punktuelle Anpassungen bei den aktuellen Aufsichts- und Sanktionsinstrumenten der FINMA zielführend sein könnten. Zuerst gilt es aber zu klären, ob und gegebenenfalls wieso bestehende Instrumente im CS-Fall nicht zur Anwendung kamen. Sollte die FINMA mehr Kompetenzen erhalten, ist es wichtig, dass eine Verfahrensordnung geschaffen wird, in der diese neuen Tätigkeiten klar geregelt sind. Dabei sind etablierte rechtsstaatliche Grundsätze, wie rechtliches Gehör, Unschuldsvermutung, unbedingt zu berücksichtigen. Festzuhalten ist: Es waren nicht die primär Inland-orientierten Kantonalbanken, welche die jüngsten Probleme verursacht haben – also dürfen die nun vorgesehenen Korrekturmassnahmen die Kantonalbanken auch höchstens punktuell betreffen!