Schnellschüsse bei den Eigenmittelanforderungen vermeiden
Positionspapier zur Erhöhung der Eigenmittelanforderungen
PositionAufgrund der Übernahme der Credit Suisse (CS) durch die UBS wurde eine politische Diskussion rund um das Thema Erhöhung der Eigenmittelanforderungen lanciert. Die Kantonalbanken können die angestossene Diskussion nachvollziehen und befürworten, dass dabei die nachfolgenden Punkte Berücksichtigung finden.
Position der Kantonalbanken
- Nach der Finanzkrise 2008/2009 wurden in der Schweiz verschärfte Regulierungen eingeführt, um Stabilität und Sicherheit der Finanzinstitute zu erhöhen und so letztlich den Konkurs von Banken zu verhindern. Die Regulierung fokussierte dabei auf die Bereiche Eigenmittel, Liquidität und Notfallplanung.
- Voreilige Schlüsse zu ziehen ohne Erkenntnisse aus einer vertieften Analyse und die Eigenmittelanforderungen präventiv zu erhöhen, lehnen die Kantonalbanken ab.
- Der Nutzen einer höheren Eigenkapitalquote muss im Kontext der daraus resultierenden Folgen und Kosten betrachtet werden. Mehr Eigenkapital macht eine Bank sicherer, führt aber auch zu höheren Kosten, welche letztlich über Produktpreise dem Markt und somit den Kunden überwälzt werden. Zudem können genügend Eigenmittel allein die Stabilität einer Bank nicht gewährleisten. Entscheidend für eine gesunde Bank ist das Vertrauen der Einleger.
- Sollte es zu verschärften Eigenmittelanforderungen kommen, ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Risikolage eine deutliche Differenzierung vorzunehmen: zwischen global tätigen und vernetzten Banken einerseits und primär im Inland aktiven Banken andererseits. Auch hinsichtlich der Grösse und des Geschäftsmodells einer Bank sind die Anforderungen unterschiedlich auszugestalten.
- Bei den Kantonalbanken hätten höhere Eigenmittelanforderungen einschneidende Konsequenzen für die Kantone als Eigner und für die Kreditnehmer im Inland.
Schnellschüsse vermeiden
Nach der Finanzkrise von 2008/2009 wurden unter der Führung der Zentralbanken und des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS) die Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen für die Bankenbranche kontinuierlich ausgebaut. Dabei gelten die Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen als sogenannte «First Line of Defense». Sie sollen die Banken stabiler und krisenresistenter machen. In der Schweiz wurden diese internationalen Empfehlungen in Abhängigkeit der Grösse der Banken zusätzlich verschärft. Derzeit sind weitere Präzisierungen und Verschärfungen der Eigenkapitalvorgaben bereits in Umsetzung (Basel III Final). Diese führen zu nochmals stärkeren Eigenmittelanforderungen, wie dies im Bericht der Expertengruppe «Bankenstabilität» bestätigt wird.
Auswirkungen einer Erhöhung der (ungewichteten) Eigenmittelquote berücksichtigen
Aufgrund der CS-Krise wird von verschiedenen Seiten eine präventive Erhöhung der Eigenmittel für Banken gefordert. Im Gutachten von Prof. Dr. Manuel Ammann «Reformbedarf in der Regulierung von Too Big to Fail Banken» wird erwähnt, dass erhöhte Eigenkapitalvorschriften dazu beitragen können, dass Banken robuster werden. Ob mit dieser zusätzlichen Verschärfung tatsächlich die erwünschte Wirkung erzielt und das Insolvenzrisiko von Banken kleiner wird, ist jedoch offen. Mehr Eigenkapital machen eine Bank grundsätzlich sicherer, führen aber auch zu höheren Kosten, die schlussendlich auf die Bankkunden überwälzt werden. Zudem können genügend Eigenmittel allein weder das Vertrauen der Einleger garantieren noch die Stabilität einer Bank gewährleisten – wie im Gutachten Ammann bestätigt wird.

Seit 2019 müssen Schweizer Banken eine risikoungewichtete Eigenmittelquote (Leverage Ratio [LR]) von mindestens 3 % ausweisen. Bei den inlandorientierten systemrelevanten Banken liegen die Anforderungen zwischen 7.25 % (Leverage Ratio Going- & Gone-concern Zürcher Kantonalbank nach den Übergangsbestimmungen) und 7.375 % (Leverage Ratio Going- & Gone-concern Raiffeisen Gruppe nach den Übergangsbestimmungen). Die durchschnittliche LR-Quote der 24 Kantonalbanken beträgt per 31.12.2022 7.4 %, sie liegt somit deutlich über den regulatorischen Anforderungen. Dies entspricht rund 60 Mrd. Franken an Eigenmitteln bei einer Bilanzsumme von rund 780 Mrd. Franken. Bei einer Erhöhung der Anforderungen für die LR-Quote auf beispielsweise 15 % müssten die 24 Kantonalbanken – bei Verzicht auf weiteres Wachstum und ohne einen selbstgewählten Puffer über die regulatorischen Anforderungen hinaus – ihre Eigenmittel trotz der erwähnten Übererfüllung der derzeitigen Anforderungen auf einen Schlag verdoppeln, auf rund 120 Mrd. Franken
Dazu hätten die Kantonalbanken folgende Optionen:
- Erhöhung des Dotations- resp. Aktienkapitals durch den jeweiligen Kanton
Mögliche Folgen: Aktuell fallen rund 90 Mrd. Franken bzw. 30 % der Verschuldung der öffentlichen Hand auf die Kantone (Bundesamt für Statistik). Müssten die Kantonalbanken ihr Eigenkapital um 60 Mrd. Franken erhöhen, hätten die Kantone einen wesentlichen Teil beizusteuern. Falls die Kantone diese Mittel auf dem Kapitalmarkt aufnehmen müssten, würde deren Verschuldung deutlich zunehmen. - Einbehalten von Gewinnen resp. Reduktion von Gewinnausschüttungen gegenüber dem Kanton und den Aktionären
Mögliche Folgen: Die Kantone müssten für Jahre und Jahrzehnte auf eine Gewinnausschüttung verzichten, mit entsprechenden Auswirkungen auf die kantonalen Haushalte. Der geforderte Eigenkapitalaufbau wäre auf diesem Weg zudem nur über eine sehr lange Periode möglich. Die als Aktiengesellschaft organisierten Kantonalbanken könnten an ihre Aktionäre keine Dividenden auszahlen, was die Aktien für Anleger unattraktiv machen würde. - Reduktion der Bilanzsumme und Verteuerung der Kredite
Mögliche Folgen: Die Banken müssten ihr Kreditvolumen deutlich reduzieren, was einschneidende Auswirkungen auf die Bevölkerung und Unternehmen im Inland hätte. Zudem würden die Kredite grundsätzlich teurer. Gemäss internen Berechnungen würden die Kreditkosten bei einer Erhöhung der LR-Quote auf 15 % um rund einen Prozentpunkt steigen. Eine Rezession als Folge einer durch Kreditknappheit verursachten wirtschaftlichen Kontraktion wäre nicht ausgeschlossen. - Beschaffen von Eigenmitteln bei Privaten am Kapitalmarkt
Mögliche Folgen: Aufgrund des erforderlichen Umfangs an zusätzlichen Eigenmitteln wäre es sehr schwierig, diese am Kapitalmarkt zu beschaffen. Zudem könnte die Aufnahme von Eigenmitteln bei Privaten am Kapitalmarkt die Eignerstruktur zu Ungunsten der Kantone verändern und – je nach Ausprägung – das Wesen der Kantonalbanken als Unternehmen mit kantonalem Eigentümer in Frage stellen. Zudem steht diese Option Kantonalbanken in der Rechtsform der öffentlich-rechtlichen Anstalt (ohne Partizipationsscheine) nicht zur Verfügung.
Es braucht eine Differenzierung der Anforderungen für die verschiedenen Banken und Geschäftsmodelle
Der Nutzen einer höheren Eigenkapitalquote muss im Kontext der daraus resultierenden Kosten betrachtet werden. Sollte es zu verschärften Eigenmittelanforderungen kommen, ist aufgrund der sehr unterschiedlichen Risikolage der Banken eine deutliche Differenzierung vorzunehmen. So muss zwischen global tätigen und vernetzten Banken einerseits und primär im Inland aktiven Banken andererseits unterschieden werden. Bei primär im Inland tätigen Banken ist die Risikosituation aufgrund einer internationalen Vernetzung minimal. Entsprechend sind die Voraussetzungen für eine mögliche Abwicklung in einer Krisensituation durch eine im Vergleich zu international tätigen Banken ungleich tieferen Komplexität gegeben. Zudem müssen die Anforderungen einer Bank hinsichtlich ihrer Grösse und ihres Geschäftsmodells unterschiedlich festgelegt werden. Denn wie im Expertenbericht «Bankenstabilität» bestätigt wird, gibt es keinen Grund, kleineren Banken höhere Eigenmittelanforderungen aufzuerlegen.